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10.10.2018

Einblick in die nordische Mythologie - Asen

Eyjan - Mývatn-Region Reinhard Pantke
Felsen am Eingang des Ásbyrgi-Tals

Die Mythengestalten rund um Óðinn tauchen in den letzten Jahren vor allem abgewandelt als comicmäßige Superhelden aus dem Weltall auf – in den Verfilmungen von Marvel. Doch in der heidnischen Zeit vor der Christianisierung setzten die Menschen auf Island all ihre Hoffnung in diese Gottheiten. In den nächsten Wochen stellen wir euch einige von ihnen kurz vor …

Góðan daginn liebe Nordland-Freunde, 

Vieles über die Göttergemeinschaft und ihre Welt lässt sich in der Edda von Snorri Sturluson finden, allerdings machte er seine Aufzeichnungen lange nach der Christianisierung. Obwohl also in seinen Beschreibungen sehr viel mehr Wahrheit steckt als in den epischen CGI-Kämpfen aus dem Kino, ist sein Überblick ebenfalls beeinflusst von seiner Weltsicht. Auf unserem heutigen Ausflug in die nordische Mythologie stellen wir euch einige wenige Æsir (Asen) vor, die zusammen mit den Vanir (Wanen) die Göttergemeinschaft bilden. Auffällig ist dabei vor allem der Frauenmangel – zwar gibt es viele Göttinnen, die jeweils auch eine wichtige Aufgabe haben; sie kommen aber leider so gut wie nie in den uns bekannten Mythen vor, weshalb wir nur die (größtenteils männlichen) Hauptakteure behandeln werden …

Óðinn (Odin)

Neben seiner Rolle als mächtiges Oberhaupt der Götter ist Óðinn ein echtes Allround-Talent: Er ist der Gott der Weisheit und der Dichtkunst, aber auch des Krieges und des Todes und zusätzlich ein großer Zauberkünstler. Auf der Suche nach neuem Wissen und Fähigkeiten durchsteift er alle Welten, verkleidet als graubärtiger Mann mit Hut; seine Raben Huginn und Muninn fungieren als seine Augen und Ohren und bringen ihm Neuigkeiten. Sogar eines seiner Augen tauscht er gegen noch größere Weisheit und damit verbundene Macht ein. Allerdings sollte man in ihm keineswegs eine gutmütige Großvaterfigur sehen, denn abgesehen von seinem noblen Ziel, die Ragnarök und damit das Ende seiner Welt hinauszuzögern, sind ihm alle Mittel recht. Er nutzt List und Betrug, um sich einen Vorteil zu verschaffen, fällt seinen menschlichen Verbündeten in den Rücken, erweckt Tote mit düsterer Magie und verführt reihenweise Frauen mit Zauberei. Seine Ehefrau heißt Frigg und ist eine Seherin, sie kann in die Zukunft blicken. Neben seinen Raben besitzt Óðinn auch zwei Wölfe, Geri und Freki, sowie das schnellste Pferd überhaupt, das achtbeinige Ross Sleipnir, das sogar die Grenze zum Totenreich mühelos überqueren kann. Außerdem gehören der Speer Gungnir, mit dem er den Ausgang von Schlachten entscheidet, und der Goldring Draupnir, von dem jede Nacht acht identische Ringe „abtropfen“, zu seinen Attributen. Trotz seiner großen Macht ist Óðinn wie auch die anderen Götter sterblich – in der Ragnarök wird er im Kampf vom Fenriswolf getötet. 

Unter anderem hallt die Verehrung des Gottes heute noch in Norwegen nach, denn nach ihm wurde ein Wochentag benannt: Onsdag, der "Odinstag", ist nach wie vor der Begriff für Mittwoch.

Þórr (Thor)

Als Verteidiger und Beschützer vor den Riesen ist Þórr alles, was man sich gewöhnlich unter seinen Qualitäten vorstellt: stark, mutig, immer für einen Kampf zu haben und nicht leicht unter den Tisch zu trinken – oder zu essen. Da fällt es leicht, darüber hinwegzusehen, dass er vielleicht nicht die hellste Kerze im Leuchter ist. Gewöhnlich zeichnet er sich auch durch Gutmütigkeit aus, wenn nicht gerade Gefahr droht, weshalb er besonders beim einfachen Volk, den Bauern und Fischern, verehrt wurde. Als Herr über Blitz und Donner  wurde er oft vor Seereisen um Unterstützung gebeten. Þórr ist der Sohn von Óðinn und der Riesin Jörð. Er ist mit Sif verheiratet, mit der er eine Tochter namens Þrúðr hat. Seine Söhne Magni und Móði, aus einer Verbindung mit der Riesin Jarnsaxa, gehören ebenfalls zur Familie, ebenso wie Ullr, Sifs Sohn, der nicht aus der Ehe mit Þórr stammt und somit sein Stiefsohn ist. Der wichtigste Besitz von Þórr ist natürlich sein Hammer Mjöllnir, von den Zwergen Brokkr und Sindri als meisterhafte Waffe geschmiedet, die nach einem Wurf immer wieder in seine Hand zurückkehrt. Um den Hammer besser führen zu können, hat er besondere Eisenhandschuhe, außerdem trägt er meist seinen Kraftgürtel, der ihn doppelt so stark macht. Für Reisen nutzt Þórr einen Wagen, der von zwei Ziegenböcken, Tanngnjóstr und Tanngrisnir, gezogen wird. In der Edda wird Þórr als rothaarig beschrieben, im Gegensatz zu seiner bekannten (blonden) Comicentsprechung. Neben den Riesen ist er heftigst mit der Midgardschlange verfeindet, bei ihrem letzten Kampf in der Ragnarök töten sich die beiden gegenseitig. 

Der von Wald bedeckte Bergrücken Þórsmörk im Süden von Island wurde nach ihm benannt (Wald von Þórr) und ist heute ein beliebtes Ziel bei Wanderern.

Baldr (Baldur)

Er ist der Sohn von Óðinn und Frigg, der Bruder des blinden Höðr, Ehemann von Nanna und Vater ihres gemeinsamen Sohns Forseti. Baldr wird als wunderschön, hell und strahlend beschrieben, eine Lichtgestalt, die beinahe von selbst leuchtet und auch ansonsten keine negativen Eigenschaften zu besitzen scheint. Er ist friedfertig, weise und wird von allen geliebt. Das macht es umso bedauerlicher, dass sein größter Auftritt in der Edda aus der Geschichte seines Todes besteht. Nachdem Baldr wiederholt Albträume plagen, nimmt Frigg allen Lebewesen und Dingen einen Schwur ab, ihren Sohn nicht zu verletzen und macht ihn so beinahe unsterblich. Beinahe, denn dem Mistelzweig, einem jungen, zarten Geschöpf, hat sie den Schwur erlassen, wie Loki in Gestalt einer Frau von ihr erfährt. Als die Götter wieder einmal ihrer Lieblingstätigkeit nachgehen und Baldr mit allerlei tödlichen Waffen bewerfen (ohne dass er einen Kratzer davonträgt), überredet Loki den blinden Höðr dazu, einen Mistelzweig auf seinen Bruder zu schießen, der diesen tötet. Tief getroffen kommen die Götter zu Baldrs Bestattung zusammen, wo Nanna vor Trauer stirbt und zusammen mit ihrem Mann auf seinem Schiff Hringhorni verbrannt wird. Die Hoffnung auf eine Rückkehr des Götterlieblings wird entfacht, als Hel, die Herrin des Totenreichs, sich bereit erklärt, ihn gehenzulassen, falls alle Lebewesen ihn beweinen. Doch der Plan scheitert, denn eine Kreatur weigert sich, eine Riesin namens Þökk, hinter der oft ebenfalls Loki vermutet wird. Baldr verbleibt bei Hel und sein Tod leitet die Geschehnisse der Ragnarök ein – nachdem dieser letzte Kampf vorüber ist, soll er jedoch zurückkehren und mit einigen anderen eine neu entstandene Welt bevölkern … 

In Island wird die Echte Strandkamille Baldursbrá (Baldrs Braue) genannt, weil ihre Blüten so hell und leuchtend erscheinen.

Loki

Wenn es eine Person gibt, die Óðinn an Facettenreichtum noch übertrifft, dann ist es Loki. Schon seine Familienverhältnisse sind ungewöhnlich: Sein Vater Fárbauti ist ein Riese, während die Zugehörigkeit seiner Mutter, Laufey oder Nál, im Dunkeln gelassen wird. Einen waschechten Riesen würden die Götter kaum in ihrer Mitte akzeptieren, aber Asenfrauen heiraten keine Riesen … oder doch? So oder so, Lokis Platz inmitten der Asen ist an sich fast ein Skandal, auch wenn er und Óðinn vor langer Zeit Blutsbrüderschaft schlossen - eine Verbindung gleichwertig mit echter Blutsverwandtschaft. Auch sonst ist Loki immer für Aufregung gut, seine Bandbreite reicht dabei von harmlosem Unfug bis hin zu (für die Götter) lebensgefährlichen Vergehen. Es ist jedoch meistens Verlass darauf, dass der Unruhestifter von sich aus oder spätestens nach Drohungen selbst wieder alle durch ihn verursachten Probleme löst – mit Täuschung, trickreichem Zauber oder seiner überragenden Intelligenz. Dabei kommt ihm vor allem seine Fähigkeit zur Gestaltwandlung zugute, die es ihm erlaubt, alle erdenklichen Formen anzunehmen. Im Gegensatz zu Óðinn wechselt er jedoch nicht nur die Spezies, um als Tier zu erscheinen, sondern nimmt zusätzlich oft die Gestalt von weiblichen Wesen an. So lenkt er den Hengst Svaðilfari in Gestalt einer Stute ab, damit die Götter eine Wette gegen dessen Herrn gewinnen können. Einige Zeit später kehrt er zu ihnen zurück und bringt das Ergebnis dieser riskanten Aktion mit sich: das graue Fohlen Sleipnir, dessen acht Beine und besondere Fähigkeiten es zu einem perfekten Geschenk für Óðinn machen. Gemeinsam mit seiner Frau, einer Asin namens Sigyn, hat Loki außerdem zwei Söhne, Nari oder Narfi und Váli. Fern der Göttergemeinschaft, bei den Riesen, wachsen seine drei anderen Kinder heran, umsorgt von ihrer Mutter Angrboða, bevor Óðinn auf sie aufmerksam wird: Hel, die Midgardschlange und der Fenriswolf. Abscheulichkeiten in den Augen der Asen, die den Göttern in der Ragnarök als Feinde gegenüberstehen werden – so wie ihr Vater Loki. Denn nachdem Loki zu Baldrs Tod anstiftet und die Götter verspottet, haben diese genug von seiner Verschlagenheit und fesseln ihn, als Strafe und Vorbeugung von weiteren Vergehen. Kurz vor der Ragnarök kommt er jedoch frei, um an der Seite der Riesen und Monster gegen sie in die Schlacht zu ziehen. Heimdallr, der Wächter der Götter, und Loki töten sich schließlich gegenseitig.

Aufgrund seiner letztendlichen Feindschaft zu den anderen Göttern war Loki nie sonderlich beliebt: er wurde nicht nachweisbar verehrt, Ortschaften nicht nach ihm benannt. Allerdings wird auch heute noch im Isländischen eine besonders schlimme Lüge manchmal als Lokalygi (Loki-Lüge) bezeichnet.

Habt ihr schon einmal einen mit den Göttern verbundenen Ort besucht oder weitere Anmerkungen? Dann hinterlasst uns doch einfach einen Kommentar.

Verið blessuð liebe Nordland-Freunde, Euer contrastravel-Team

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