Blog mit Informationen für und über Island Reisen und andere Nordland Reisen - Farm im Keldudalur
15.04.2020

Corona-Tagebuch: Zu Besuch bei ... Andrea (in Reykjavik)

Gluggavedur - Reykjavik Maria Sonnek
Frühling in Reykjaviks Fenstern

Diese Corona-Zeit ist für uns alle neu, gewöhnungsbedürftig und stellt den ein oder die andere vor neue Herausforderungen und Ideen. Wir interessieren uns für den aktuellen Alltag, über neue Hobbies, die es in der Zeit des social distancing in euer Zuhause geschafft haben. Dinge die wir unbedingt mal ausprobieren wollten oder die wir nun von unseren Fenstern in die Welt sehen. In unregelmäßigen Abständen präsentieren wir euch genau diese neuen Alltage unserer Freundinnen und Freunde, hierzulande oder auf den Inseln im Nordmeer. Heute begrüßen wir Andrea, seit 2018 wohnhaft in Reykjavik ….

Esja - Reykjavik Andrea Karrasch
Der Blick aus Andreas Lieblingsfenster

Was macht eigentlich…
Andrea, 2018 in das Land gezogen in dem sie sich zu Hause fühlt:

In Zeiten von Covid? Zeit haben!
Das hatte ich mir immer gewünscht: viel Zeit. Zeit haben und Zeit haben müssen, sind zwei Paar Schuhe, stellt sich bald heraus. Aber ich will das Beste daraus machen. Von meinem Lieblingsfenster aus habe ich Fernsicht. Sie beginnt bei der Hofeinfahrt zu meinem Haus, überquert die Straße, lässt mich kurz bei den Nachbarn von Gegenüber hereinschauen, geht über ein Stückchen der Stadt und wird schließlich von einer Kette Berge begrenzt. Begrenzt, aber nicht eingeengt. 
Ich sehe von meinem Fenster aus fern. Fernsehen.

Als es nach der ersten Märzwoche ernst wird mit Covid, liegt noch Schnee. Im apfelsinenfarbenen Licht der Straßenlaterne jagt der Wind die Flocken umher. Mein Morgenkaffee und ich setzen uns ans Fenster und ich bin ganz zufrieden, dass ich heute nicht dran bin mit Arbeiten. Die Lichter der Stadt blinzeln durch das Schneetreiben. Ich studiere die Zeitung. Covid hier. Und da. Auf Seite 17 stoße ich auf einen Bilderwitz: Ein Isländer sitzt im Hotpot, ganz allein. Er sieht betrübt aus. In der Sprechblase über ihm steht „Ich vermisse die Touristen!“. Dieses Bild schicke ich einem deutschen Freund, dessen Herz sehr für Island schlägt. „Wir vermissen euch auch“, schreibt er zurück. Ich schlucke. Nicht viel später sind dann die Hotpots auch geschlossen worden. Versammlungsverbot. 

Der Kaffee ist ausgetrunken, der Wind woanders hin spielen gegangen. Die Sonne scheint. Die Katzen, die zu unserer Straße gehören, stapfen durch das Weiß. Sie suchen den Kater, der in meinem Haus wohnt. Der ist schon ganz dünn und hat kaum noch die Kraft, sich vernünftig auf die Fußmatte zu übergeben. Halleluja!

Islandpullover oben Andrea Karrasch
Islandpullover

Ich bücke mich nach meinem Strickzeug. Islandpullover der Dritte. Zum ersten Mal werde ich die Ärmel ohne die Hilfe einheimischer Fachfrauenfreundinnen einsetzen müssen – und es gelingt. Bis ich die Anleitung für das Muster dechiffriert habe, dauert es allerdings etwas: bis ich mit dem Muter klar komme, dauert es noch einmal, aber zum Schluss bin ich fit im „Zurückstricken“…

Islandpullover unten Andrea Karrasch
Islandpullover

Am sonnenweißen Himmel fliegt ein Schwarm Stare synchron. Es ist wie Nordlicht, nur in schwarz-weiß. Ich backe Pfannkuchen nach isländischem Rezept und schneide mir den Pony. Die Frisöre haben ja auch zu. Naja, er wird schon nachwachsen. Brotlaibe gibt es im Supermarkt nur noch im Ganzen. Zum Glück habe ich Brotschneiden gelernt. Lange Jahre weigerte ich mich, mir diese Fertigkeit anzueignen, weil meine Oma behauptete, wer nicht Brot schneiden könne, könne nicht heiraten. Im Umkehrschluss dachte ich, wer erstmal Brot schneiden kann, muss unweigerlich heiraten. Ich hielt mich sicherheitshalber zurück. Trotzdem fand mein deutsches Brotmesser vor fast zwei Jahren den Weg in Umzugskarton Nummer 72 (von 72).

Vor fast zwei Jahren. Ich stutze. Wäre Covid 2018 gewesen – was wäre aus meinem Umzug nach Island geworden? Ich trage diesen Gedanken in die Küche und knacke mein erstes isländisches Schokoladen-Osterei. Ein kleiner gelber Zettel mit einem Sprichwort darauf fällt heraus: Überreichlich ist, was Gott gibt. Ich nehme es als Antwort. 

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Kommentare

21.10.2020, 13:21

Andi, du bist wunderbar! Ich hab dich wiedergefunden in diesem tollen Eintrag

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