Huldufólk und Bauvorhaben - die Geschichte der Elfenbeauftragten

Flora - Island Maria Sonnek
Die Gräser wiegen sich sanft im Wind

Der Glaube an Elfen wird oft und gern zitiert, wenn es um die Eigenheiten und Skurrilitäten Islands und seiner Bewohner geht, aber ist da wirklich so viel dran, wie es immer scheint? Werden wirklich Bauvorhaben abgebrochen und Straßen umgeleitet, damit die isländischen Elfen sich nicht gestört fühlen? Und wie entscheidet man, wann das nötig ist? Heute geht es um Elfen und „Elfenbeauftragte“ auf der Vulkaninsel …

Góðan daginn liebe Island-Freunde,

wer schon einmal eine Sendung über Island gesehen oder einen Reiseführer in der Hand gehabt hat, wird sicher auch auf das Thema „Elfen“ gestoßen sein, das mal mehr, mal weniger ausführlich und oft mit einem Augenzwinkern angeschnitten wird, sobald es um die Vulkaninsel geht. Tatsächlich hat Island eine reiche Sagen- und Mythenwelt, in der neben den Göttern, Trollen und Sagahelden auch allerlei lokale Monster und verborgen lebende Wesenheiten ihren Platz haben. An sich nichts ungewöhnliches, schließlich gibt es überall alte Geschichten über Geister und ähnliche magische Gestalten, die die Natur und ihren Wohnort vor Menschen schützen oder diese einfach nur ärgern wollen. Wie sieht es mit den Elfen in Island aus?

Das Huldufólk – unsichtbare Elfen?

In der Edda werden Elfen (Álfar) als Teil der Mythologie erwähnt, allerdings bleiben diese Wesen recht blass und haben sehr viel weniger Auftritte als beispielsweise Zwerge, Riesen und Götter. Zum Huldufólk gibt es aber auch eine mit dem Christentum verknüpfte Geschichte. Dabei sollen seine Angehörigen Nachfahren von Adam und Eva sein, ebenso wie die Menschen, es gibt allerdings einen kleinen Unterschied. Als Gott einmal die Kinder der beiden sehen wollte, versteckte Eva all die Kinder, die noch nicht gewaschen und deshalb schmutzig waren, weil sie sich für ihre nicht präsentablen Nachkommen schämte. Auf Nachfrage ging sie dann sogar so weit, die Existenz der ungewaschenen Kinder zu verleugnen, so dass Gott, der natürlich von ihnen wusste, beschloss, sie unsichtbar für Menschen zu machen. So sollen also die Pfade der Menschen und des Huldufólks einst auseinandergegangen sein, und oft wird von den magisch begabten Mitgliedern des Huldufólk gesagt, sie könnten sich nach Wunsch auch sichtbar machen, offenbarten sich aber nur wenigen Auserwählten. Es hat immer wieder Menschen gegeben, die sich nach eigenen Angaben mit den verborgenen Bewohnern Islands anfreundeten und so natürlich auch mitbekamen, was ihnen gefiel und was sie störte. Und da das Huldufólk zwar für die meisten unsichtbar in der Natur lebt, aber trotzdem bestimmte Orte sein Zuhause nennt, kann es zu Problemen führen, wenn man es von dort vertreiben will.

Bauen, wo andere wohnen – und die Konsequenzen?

Nicht jedes Bauvorhaben stört das Huldufólk und die meisten Isländer nehmen die Geschichten von Elfenorten auch nicht so ernst, wie es teils dargestellt wird – oder wie die Reisenden, die die Vorstellung von kleinen Elfen hinter jedem interessant aussehenden Stein natürlich schön finden. Tatsächlich gibt es nicht einmal ein offizielles Amt der „Elfenbeauftragten“, auch wenn der Begriff sich nach seiner ersten Verwendung durch Wolfgang Müller vor allem in Deutschland etabliert hat und diesen Eindruck erweckt. Wenn von der isländischen Elfenbeauftragten die Rede ist, ist damit Erla Stefánsdóttir gemeint, eine 2015 verstorbene Autorin und Klavierlehrerin, die in Reykjavík lebte und als „elfenkundig“ galt. Sie selbst beschrieb sich als hellsichtig, eine Art Medium, und sammelte in ihrem Leben viel Material über das verborgene Volk und seine Mitglieder wie Elfen, Trolle, Gnome und andere, teils aus Legenden, die sie zusammentrug, aber auch aus ihrer persönlichen Erfahrung. Sie erstellte Karten, auf denen Elfenorte aus Sagen markiert waren, und verfasste sogar ein Buch über das Huldufólk. Die Tätigkeit als „Elfenbeauftragte“ ist aber erst einmal recht wenig magisch. Denn auf Island wird wie an vielen anderen Orten auch vor einem Bauvorhaben geprüft, ob dabei eventuell Kulturgut beschädigt oder zerstört werden könnte. Zu Kulturgut gehören auch markante Hügel oder Steinformationen, die in Sagas und bekannten lokalen Sagen vorkommen. Wenn solche Legenden es beschreiben, kann ein Felsen auch als zu schützendes Kulturgut klassifiziert werden, weil er vom Huldufólk bewohnt wird. Damit so etwas per Gutachten untersucht und festgestellt wird, werden Menschen wie Erla damit beauftragt, die sich besonders gut damit auskennen. Es gehört also mehr zu dem ganzen Vorgehen, als willkürlich auf einen Stein zu zeigen und zu behaupten, dort würde es Elfen geben. Nach einem entsprechenden Gutachten können dann Baupläne abgeändert werden, so dass bestimmte Felsen oder Orte unberührt bleiben – Straßenabschnitte wie am Álfhólsvegur in Kopavogur werden modifiziert. Dort gibt es eine Verengung der Fahrbahn, um einen bekannten Elfenhügel nicht zu zerstören. Wenn man entsprechendes Kulturgut nicht achtet oder es sich um bisher unbekannte Orte des Huldufólk handelt, kommt es manchmal zu Anhäufungen von Problemen beim Bau, Funktionsstörungen oder Unfällen, die einfach Pechsträhnen sein könnten – aber irgendwann schleicht sich dann doch das Gefühl ein, dass es vielleicht einfach nicht sein soll, als würde sich das Land selbst oder eine unsichtbare Macht gegen den Eingriff wehren. Auch wenn man also nicht überall wütende Elfen vermutet, ist es doch besser, sich viel Nerven, Geld und Zeit zu sparen und auf Nummer sicher zu gehen. Und dann lässt man sich besser gleich ein Gutachten erstellen, das nicht nur geschichtliche Bedeutung und Kulturwert feststellt, sondern eben auch die etwas weniger greifbare Möglichkeit von Elfenorten betrachtet. Denn kaputte Baumaschinen hat niemand gern, und wenn man ein Gutachten hat, kann zumindest Übernatürliches als Erklärung ausgeschlossen werden …

Wie denkt ihr über Elfenkundige und das Huldufólk? Findet ihr diesen Aspekt von Baugutachten einfach nur zum Kopfschütteln oder ist das für euch ein guter Umweg, um interessante Orte zu schützen? Hinterlasst uns gern einen Kommentar, wir freuen uns auf eure Ideen und Anmerkungen.

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